Galerie Göttlicher – Transition
Ausstellungskonzept
Ziel der Ausstellung des Büros Sam/Ott-Reinisch ist es, die realen und virtuellen Begegnungen, sowie die Bewegungen der beteiligten Personen (Kooperationspartner und Mitarbeiter) hinsichtlich ihres Lebenslaufes als auch ihrer vorherigen und späteren Arbeit aufzuzeigen, vor dem Hintergrund der Projekte, die alle Beteiligten miteinander in Kontakt bringen und im Rahmen der Zusammenarbeit vernetzen. Das Büro (IOR / FS) als Fixpunkt gesehen – der Prozess der Arbeit, als Umlaufbahn, welche sich für einen gemeinsamen Zeitpunkt mit anderen Personen (Kooperationspartnern – Mitarbeitern) überlagert, die nach einer unbestimmten Zeit diese Bahn wieder verlassen und ihre eigenen Wege gehen – die Ideen/Entwicklungen im Büro als Anstoßpunkt nehmen, eigene Ideen verwirklichen, Erfahrungen aus eigenen Projekten wieder in die Arbeit des Büros zurückbringen – in einem Prozess gegenseitigen Austauschs von Know-How und Kreativität.
Was übrig bleibt, neben der eigentlichen fertiggestellten Arbeit in Form von gebauten Projekten, ist ein weltumspannendes Netz aus Beziehungen und Verknüpfungen zwischen den beteiligten IOR/FS/Architekten/Mitarbeitern, das jederzeit reaktivierbar wieder neue Kooperationspotentiale entwickeln kann.
Die Arbeit von Sam/Ott-Reinisch Architekten soll in diesem Sinne nicht in Form von Hochglanz-Publikationsmaterial zu den Projekten dargestellt werden, sondern in Form eines Making-Of — Zusatzinformationen zu den Projekten, abseits der für Publikationen selektieren Projektdarstellungen, B-Sides gewissermaßen, Dokumentationen des Entwurfsprozesses als auch Momentaufnahmen des kunstvollen heldenhaften Scheiterns — Produktionsnotizen sozusagen, die kleine Geschichten aus der Arbeit an den Projekten oder dem Büroleben der Beteiligten erzählen. Auf diese Weise sollen die Projekte in Beziehung zu ihren „Machern“, den Mitarbeitern, gestellt werden, ergänzt um deren aktuelle Interessen und Tätigkeiten.
Dicht verwoben – Räumliche Zeitschlaufe
Text: Isabella Marboe
Architektur ist eine komplexe, vielschichtige Angelegenheit. Die schönen, professionellen Fotos fertiger Gebäude sind nur die Spitze des Eisbergs, die dem Finale der Übergabe die letzten Glanzlichter aufsetzen. Davor liegt ein weiter, etappenreicher Weg, auf dem unzählige Entscheidungen zu treffen und viele Hürden zu nehmen sind. Von der ersten Idee zur Skizze über Modelle, Renderings bis zur konkreten Planung und Umsetzung auf der Baustelle durchläuft ein Projekt viele Mutationsphasen.
„Eine Woche entwerfen, drei Jahre planen“, lautet die Faustregel im Büro von Franz Sam und Irene Ott-Reinisch. Insgesamt 150.000 Arbeitsstunden und ein Bauvolumen im zweistelligen Millionenbereich stecken in den Projekten, die dort in den letzten acht Jahren umgesetzt wurden. „Transition“ tauften sie ihre Ausstellung in der Kremser Galerie Göttlicher, die nicht nur das Gebaute, sondern auch das vielschichtige Beziehungsgeflecht, die Kommunikationsvorgänge und Entscheidungsprozesse dahinter aufzeigen will.
„Alleine hätten wir das nie geschafft,“ meint Irene Ott-Reinisch. Deshalb kommen hier nicht nur die Chefs zu Wort, sondern wurden auch alle Mitarbeiter im Team um ihr ganz persönliches Resumee gebeten. Etwa zwanzig haben den Weg auf die 2,20 Meter hohe Vinylplane geschafft, die an zarten Stahlseilen von den alten Gewölben abgehängt ist. Fast 30 Meter lang umschreibt sie einen spiralförmigen Bogen im Raum. Wie ein Pergament, auf dem die Essenz der intensiven Auseinandersetzung mit Architektur eingeschrieben ist, hängt sie von der Decke.
Zehn Tage Arbeit stecken allein im Lay-Out dieser Raumschlaufe aus gefasster Lebenszeit, die in einer Umlaufbahn das Büro-Universum von Sam-Ott-Reinisch umkreist. Die Zeitreise in den kreativen Kosmos dieses Think-Tanks der Architektur beginnt etwa im Jahr 2000 und führt vom Mission Statement an der Tür bis zur Projektionsfläche mit den web-cam Aufnahmen vier großer Baustellen. Hier lässt sich das Werden der Kremser Kunstmeile, des Loisium, des Loisium-Hotels und der Eishalle in St. Pölten verfolgen.
Außerdem sind unter anderem noch die Hochbehälter im Reisperbachtal, die Kläranlage in Niederhollabrunn, ein Verkostungsraum im Weingut Jois sowie das Hotel Training Management Institute und die Schule zu sehen, die gerade in Bhutan realisiert werden.
Wirklich spannend aber ist die Präsentation: mit einem kurzen Lebenslauf, einer schwarz-weißen Porträtaufnahme und einem charakteristischen Statement wird zu jedem Projekt ein Mitarbeiter vorgestellt. „Es ist wie der sprichwörtliche Sprung ins kalte Wasser, wenn man sich ordentlich bewegt, wird einem schon warm und man bleibt oben auf,“ meint etwa Bernd Leopold, der die Eishalle in St.Pölten betreute. Anhand seiner Initialen lässt sich verfolgen, an welchen anderen Projekten er noch beteiligt war.
Diese Ausstellung ist wie ein Nomadenteppich, auf dem die wichtigsten Ereignisse des Lebens eingewoben sind. Folgt man den Spuren der Initialen und Jahreszahlen, die sich hier finden, öffnet sich eine Tür der Einsicht in das dichte Netz von Beziehungen und Kommunikationsprozessen, durch das Architektur erst möglich wird.